Unsere Cellistin Herta hat uns einen amüsanten Beitrag zukommen lassen! Vielen Dank an unsere Autorin und Ihnen viel Vergnügen beim Lesen!

 

Mein neues Cello

 

Herta mit CelloEigentlich habe ich ja ein Cello, ein relativ neues. Jedenfalls ist das alte Cello viel jünger als das neue.

Also der Reihe nach: Ich spiele Cello.

Normalerweise spiele ich ja Blockflöte, aber mit der Zeit habe ich angefangen Cello zu spielen. Zu diesem Zweck musste ein Cello her. Ich
nenne es jetzt Cello1, sonst wird die ganze Geschichte zu wirr. Mit Cello1 verbindet mich so etwas wie Hassliebe, erste Liebe … .

Jedenfalls hatten wir in unserer Beziehung immer wieder Krisen. Bin ich gut genug für dich? Bist du gut genug für mich? Krise – Auseinandersetzung mit Trennungsgedanken – Versöhnung – Liebe.


da Capo ( Krise bis Liebe).
Dann plötzlich, wie das halt so passiert läuft mir doch tatsächlich ein anderes Cello (Cello2) über den Weg, bietet sich an, strahlt, lockt mich, verführt mich zu neuerlichen Cello1 - Scheidungsgedanken.


Cello am BodenFolgt: Nachdenkphase von ein Paar Tagen mit dem Ergebnis : Ich muss ein “date” haben. (früher hätte ich gesagt “ Rendez-vous”, aber man geht ja mit der Zeit). Einige Telefongespräche und wenige Tage später ist es dann soweit. Ich darf das Objekt meiner Begierde in die Arme schließen, verlade es ins Auto (ganz vorsichtig), fahre nach Hause (auch ganz vorsichtig), trage es über die Schwelle (ganz vorsichtig, stolz und aufgeregt), packe es aus (ungeduldig aber doch vorsichtig genug) und muss mich quasi mit dem Bogen darauf stürzen, es ausprobieren.

Nein, ich stürze mich nicht darauf, eher ist es ein vorsichtiges respektvolles Begrüßen. Ich habe doch tatsächlich Herzklopfen. Vorsichtig streiche ich zuerst nur die leeren Saiten. Ich beginne mit der G-Saite. Ich beginne immer am liebsten mit der G-Saite. Nicht ganz hoch, nicht ganz tief aber doch eher tiefer. Das Tiefe ist es ja was ich am Cello so liebe. Dieses Gefühl, du streichst, du “ziehst” diesen tiefen Ton aus dem Corpus des Cellos heraus. Das Instrument schenkt dir diesen Klang.


Also zurück zu Cello2. Ich spüre den Klang der leeren Saiten, dann spiele ich einfach drauflos, was mir so einfällt. Ich bin nicht besonders gut im Auswendig spielen, aber ich kann gut einfach so vor mich hin phantasieren. So vergnügen wir uns eine Weile und vergessen Zeit, Ort
und sicher sonst auch noch so allerhand.

Vermutlich hast Du das Ende der Geschichte schon erraten. Ich bin verliebt. Auch wenn ich Cello2 anschaue. Es ist einfach hübsch. Das Holz, diese Maserung! Es hat schon etliche Jahre auf seinen Schultern (Ich bin ja auch nicht mehr ganz neu. Manches wird mit den Jahren einfach immer besser.) So manche Schramme möchte ich zu gerne bitten, mir ihre Geschichte zu erzählen. Cello2 hat eine reife Seele.

Ich möchte jetzt nicht undankbar sein zu meinem Cello1. Wir haben einen guten Weg gemeinsam zurückgelegt und ganz schön viel erlebt. Es war mir ein guter Begleiter. Dafür sage ich Danke. Wenn wir uns trennen, wird es eine gute neue Partnerschaft finden.

Also mein neues , “altes” Cello 2 . Legen wir los!

Herta Ditz 4.1.2011

   
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